»Kann die Feuerwehr darauf verzichten, die Zukunft mitzugestalten? Nein!«

»Heute ist Nikolaus und heute gibt es ein deutliches Geschenk für Feuerwehr und Forschung«, so der Leitende Branddirektor der Feuerwehr der Stadt Dortmund Detlev Harries beim offiziellen Startschuss des Deutschen Rettungsrobotik-Zentrums. Der fiel am 6. Dezember auf dem ehemaligen Dortmunder Industriegelände Phoenix-West. Dort soll über die nächsten vier Jahre ein Kompetenzzentrum aufgebaut werden, das 13 Partner aus Industrie, Forschung und Endanwendern, darunter auch das Fraunhofer FKIE, vereint, um Robotersysteme zu entwickeln, die Rettungskräfte in ihren oft gefährlichen Einsatzsituationen unterstützen.

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Das Projektkonsortium aus 13 Verbundpartnern aus Forschung, Industrie und Endanwendern wird auf dem ehemaligen Industriegelände Phoenix-West in Dortmund den Aufbau des Deutschen Rettungsrobotik-Zentrums vorantreiben.
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Beeindruckende Technik: A-DRZ-Projektkoordinator Branddirektor Dr. Hauke Speth (li.) vom Institut für Feuerwehr und Rettungstechnologie (iFR) Dortmund ließ sich vor Ort von FKIE-Projektleiter Thomas Barz eine Einführung in die vielfältigen Fähigkeiten und Optionen einer Roboterplattform geben.
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Der Bedarf an Unterstützung durch unbemannte Systeme in gefährlichen Einsatzszenarien ist groß. Das neu gegründete Deutsche Rettungsrobotik-Zentrum soll die Stärken von Robotern und Menschen zusammenführen. Auf dem Gelände wird dazu auch ein sog. Living Lab eingerichtet: ein Labor mit angeschlossenen, innen und außen liegenden Versuchsflächen, auf denen die entwickelten Lösungen unter realistischen Einsatzbedingungen getestet werden können.

»Warum beteiligt sich die Feuerwehr an Forschungsvorhaben?« Mit dieser nicht rhetorisch gestellten, sondern oft persönlich erlebten Frage eröffnete Harries die Auftaktveranstaltung und schob direkt die Gegenfrage hinterher: »Was passiert, wenn nicht? Können Externe unseren Bedarf wirklich erkennen? Und trifft das, was die Industrie entwickelt, im rauen Einsatzalltag auch wirklich unseren Bedarf?«

Seiner Erfahrung nach nicht, denn nicht selten habe er es erlebt, dass die Industrie ihm, dem Endanwender, Lösungen präsentierte, zu denen in diesem Moment noch krampfhaft das passende Problem gesucht wurde. Die komplexen Aufgaben, denen sich Einsatzkräfte Tag für Tag gegenübersehen, gebieten jedoch die zielgerichtete, anwendungsorientierte Entwicklung unterstützender Technologien. Harries: »Die Frage lautet daher: Kann die Feuerwehr darauf verzichten, die Zukunft mitzugestalten? Nein!«

»Ziel des Deutschen Rettungsrobotik-Zentrums ist es, zukunftsfähige Kommunen und zukunftsfähige Gefahrenabwehr zu gestalten, Menschenrettung, Sachwertschutz und die Abwehr von Umweltgefahren zu optimieren und die Gefahren für die Einsatzkräfte zu minimieren«, fasste Harries den Kern des Vorhabens zusammen.

Projektkoordinator Branddirektor Dr. Hauke Speth vom Institut für Feuerwehr und Rettungstechnologie (iFR) Dortmund bestätigte die Erfahrungen seines Kollegen: »Oft wird die Bezeichnung ›Endanwender‹ falsch interpretiert und damit gleichgesetzt, dass man sich erst am Ende eines Projekts an ihn wendet. Dann ist es meistens zu spät, ihm noch eine Richtung vorzugeben.« Doch die Gefahren für die Einsatzkräfte bestehen. Und oft hätten diese es dabei mit großen Flächen und zeitlichem Druck zu tun, Stichwort: Waldbrände, Hochwasser. »Wir Einsatzleiter müssen aber immer auch das Risiko für die Einsatzkräfte abwägen«, schildert Speth das Entscheidungsdilemma, in dem er und seine Kollegen sich im Alltag regelmäßig befinden. »Roboter können dabei helfen, diese Lücke zu schließen.«

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) unterstützt das zunächst auf vier Jahre angelegte Projekt mit 11,9 Millionen Euro. »Angesichts eines Gesamtbudgets für die Sicherheitsforschung von 60 Millionen, das dem BMBF jährlich zur Verfügung steht, ist das ein großer Batzen Geld«, machte Ministerialrätin Sabine ten Hagen-Knauer bei der Auftaktveranstaltung deutlich und damit auch die hohen Erwartungen, die von der Geldgeberseite mit dem Vorhaben verknüpft sind: »Der Bedarf an unbemannten Systemen ist groß, die Anwendungsszenarien sind vielfältig, aber: Die Roboter müssen auch einen Mehrwert bieten. Die Stärken von Robotern und Menschen müssen zusammengeführt werden.« Zu diesem Ziel solle die Kompetenz aller Akteure thematisch gebündelt werden.

Zusammengeführt werden soll dabei nicht nur das Know-how der Partner, sondern insbesondere auch die Technik in Form von Hard-, Software und Schnittstellen: Denn einige, wenn auch bislang wenige Rettungsdienste haben bereits Roboter im Einsatz. Dies ist Hauptpart des Projektanteils des Fraunhofer FKIE. Projektleiter Thomas Barz erläutert: »Je einheitlicher, modularer und flexibler die robotischen Systeme sind, desto wahrscheinlicher sind die Chancen für ihre möglichst zeitnahe und breitflächige Einführung. Nur so könnte im Notfall auch die eine Dienststelle der anderen mit einem Modul oder Ersatzteil aushelfen. Vor dem Hintergrund des schnellen Handlungsbedarfs im Einsatzalltag kann das enorm wichtig sein.«

Die Erwartungen, die von Seiten der Endanwender an das Projekt gerichtet sind, fasst der Leitende Branddirektor Harries zusammen: »Von dem heute gegründeten Zentrum erhoffen wir uns einiges an Strahlkraft. Es gibt eine Menge an Lösungen und Produkten zu klauen, aber auch eine Menge an Anpassungsbedarf. Und den Feuerwehrmann kann, soll und wird das Projekt natürlich nicht ersetzen.«