Sichere Navigation durch die Nordwestpassage

Protection and Advanced Surveillance System for the Artic: Green, Efficient, Secure (PASSAGES)

Die Nordwestpassage wird zunehmend schiffbar. Das ist gut, denn der Weg über sie ist im Vergleich zur Route zwischen Ostasien und Europa über den Suezkanal rund 5000 Seemeilen kürzer. Für Reeder bedeutet das eine große Ersparnis. Der Schiffsverkehr dort birgt jedoch enorme Risiken. Das möchte ein von Fraunhofer mitinitiiertes deutsch-kanadisches Forschungsteam ändern. Im Projekt »PASSAGES« (Protection and Advanced Surveillance System for the Artic: Green, Efficient, Secure) leistet es die Vorarbeiten für eine sichere Navigation durch das eisige Gewässer.

Keine einfache Aufgabe, denn die Route ist nicht nur durch etliche Buchten, Inseln, nicht kartierte Untiefen und Engstellen anspruchsvoll, sondern auch durch Treibeis, extreme Wetterbedingungen sowie andere Schiffe, die mitunter keine oder falsche Positionsmeldungen absetzen. Über all das muss das System zuverlässig informieren.

Das Problem: Es liegen wenige Daten vor, denn es gibt keine Infrastruktur für Sensorik und Kommunikation. Die gesamte Route ist flächenmäßig größer als Westeuropa und an den Küsten dünn besiedelt. Doch selbst wenn es ausreichend Daten gäbe, müssten diese erst zu brauchbaren Informationen für Schiffsbesatzungen und andere Nutzer aufbereitet werden.

Vorrangiges Ziel des Projekts ist zunächst einmal, Datenquellen in der rauen, dünn besiedelten Region zu erschließen. Dafür nutzen lässt sich zum Beispiel das Automatic Identification System (AIS), über das Schiffe unter anderem ihre aktuelle Position mitteilen. Ergänzend hinzu kommen Bilder von Satelliten, die jedoch lückenhaft sind. Und selbst alte Sonar-Anlagen aus Zeiten des Kalten Krieges ließen sich wiederbeleben. Ein hochauflösendes Bild, durch das Kapitäne sicher durch das Gewässer gelotst werden könnten, entsteht damit jedoch immer noch nicht.

Prof. Dr. Wolfgang Koch, Leiter der Abteilung »Sensordaten- und Informationsfusion« (SDF), setzt daher auf einen weiteren Datenlieferanten: das Passiv-Radar. Diese Technik nutzt den Elektrosmog von Mobilfunkstationen in Küstennähe. Empfangsstationen werten diesen aus und gewinnen so Informationen über Schiffe und Eisblöcke – ihre Größe, Position und Geschwindigkeit. Auf diese Weise können große Flächen überwacht werden. Angedacht ist weiterhin der Einsatz unbemannter Systeme, die unter und über Wasser Informationen sammeln.

»Die Schwierigkeit besteht darin, sehr heterogene und auch ungenaue Daten zusammenzuführen, um aus dem sich daraus ergebenden Gesamtlagebild konkrete Handlungsanweisungen für Kapitäne zu gewinnen, die Nutzung welcher Route wann am günstigsten ist«, erläutert Koch die besondere Herausforderung, der sich das Projekt stellt.

Auf Basis der im Rahmen des Projekts »PASSAGES« neu gewonnenen Erkenntnisse und Ideen soll ein Überwachungs- und Informationssystem aufgebaut werden. Ziel und Wunsch der Projektpartner ist daher, dass sich an das Forschungs- möglichst unmittelbar ein Entwicklungsprojekt anschließt.

Ein operationelles System wäre ein großer Gewinn für Reedereien, für Küstenwachen und maritime Behörden. Auch Versicherer sind an den Daten interessiert, auf deren Basis sie die Prämien für die zu versichernden Schiffe berechnen könnten. Reeder müssten zudem weniger für den Versicherungsschutz aufwenden, würde die knifflige Route durch eine sichere Navigation beherrschbar.

  • Fraunhofer Institut für Kommunikation, Informationsverarbeitung und Ergonomie FKIE, Wachtberg
  • Airbus
  • exact Earth
  • Dalhousie University Halifax/Kanada
  • Bundesministerium für Wirtschaft und Energie BMWi