BAAINBw beauftragt erstes NGVA-basiertes Fahrzeug: Fraunhofer FKIE und IABG testen Interoperabilität im Auftrag der Bundeswehr
Ende Oktober wurde der Vertrag für die Lieferung von Spähfahrzeugen des Typs »LUCHS 2« unterschrieben. Damit rollt 2029 das erste Bundeswehr-Fahrzeug vom Band, das von Beginn an vollständig auf der STANAG 4754 NATO Generic Vehicle Architecture beruht. Dieser vom Fraunhofer FKIE mitentwickelte, multinationale Standard stellt sicher, dass die Subsysteme der Fahrzeuge mehrerer NATO-Nationen untereinander kommunizieren können. Er trägt damit wesentlich zur notwendigen Digitalisierung der Streitkräfte bei. Fraunhofer FKIE und IABG wurden jetzt seitens des Bundesamts für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) beauftragt, das Fahrzeug auf Interoperabilität und Kompatibilität hin zu überprüfen.
Eine digitalisierte Armee, wie sie heute notwendig ist, um den aktuellen Herausforderungen begegnen zu können, setzt voraus, dass die technischen Systeme und Subsysteme »einander verstehen« können, also interoperabel sind. Wenn beispielsweise ein Sensor zwar die Daten aufnehmen kann, aber die Schnittstelle nicht mit dem Führungsinformationssystem kompatibel ist, weil ein anderes Datenmodell verwendet wird, müssen die Daten händisch übertragen werden oder sind im schlimmsten Fall nutzlos. Der Grund hierfür ist, dass die verbauten Subsysteme häufig von unterschiedlichen Zulieferern stammen. Zudem kommunizieren – wie beispielsweise im NATO-Bündnisfall – mitunter Systeme unterschiedlicher Nationen miteinander. Die Lösung liegt in der Vereinheitlichung der Schnittstellen und Datenmodelle.
Multinationaler Standard unterstützt Digitalisierung
Seit 2011 entwickelt Fraunhofer FKIE daher gemeinsam mit Partnern den Standard »NATO Generic Vehicle Architecture«, kurz NGVA, den einzigen multinationalen Standard in diesem Bereich. Die Entwicklung erfolgt in enger Abstimmung mit dem BAAINBw und der Wehrtechnischen Dienststelle für landgebundene Fahrzeugsysteme, Pionier- und Truppentechnik (WTD) 41. Der Standard spezifiziert Anforderungen an die elektronischen und elektrischen Schnittstellen für Landfahrzeuge und ihre Subsysteme. Teil dessen ist ein einheitliches Datenmodell, das die Syntax und Semantik der Nachrichten beschreibt und damit einen standardisierten Informationsaustausch erlaubt. Ein weiterer Aspekt ist die Betriebssicherheit (Safety) von Fahrzeugen.
Vorbereitungen für Teststellung laufen
Zudem beinhaltet der Standard ein Verifikationsverfahren. Es legt eine generische Methodik fest, wie überprüft werden kann, ob einzelne Subsysteme und auch das Gesamtsystem dem Standard entsprechen. Fraunhofer FKIE betreibt eines von deutschlandweit zwei Testlaboren, in dem der Standard implementiert ist. Gerade wird also die Prüfung des » LUCHS 2« vorbereitet, die dann im folgenden Jahr starten soll. Das Team um FKIE-Forschungsgruppenleiter Dr. Daniel Ota legt hierfür den Umfang der Tests fest, damit 2026 die Testwerkzeuge umgesetzt werden können. Projektleitung und -Controlling liegen bei der IABG.
»Wir prüfen den LUCHS 2 gemeinsam mit der Industrie auf Interoperabilität und Kompatibilität: Findet der Nachrichtenaustausch korrekt auf Basis des NGVA-Datenmodells statt? Verhalten sich die einzelnen Komponenten wie zu erwarten?«, fasst Ota die Aufgabe zusammen. Die Implementierung von NGVA wird damit erstmalig projektbegleitend durchgeführt: vom ersten Designentwurf über die Realisierung der Subsysteme bis zum Gesamtfahrzeug.